Unter einer Mehrlingsschwangerschaft versteht man eine Schwangerschaft, in der innerhalb derselben Schwangerschaft zwei oder mehr Embryos in der Gebärmutter heranwachsen.
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Zahl der Mehrlingsschwangerschaften erhöht, welches vor allem auf vermehrte Hormonbehandlungen und künstliche Befruchtungen zurückzuführen ist. Zwillinge sind jedoch auch bei einer normalen Befruchtung nicht selten. Pro Jahr werden in Deutschland etwa 12.000 Zwillinge geboren, das bedeutet eine Zwillingsgeburt auf 85 Geburten. Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es zudem im Jahr 2007 223 Drillingsgeburten.
Die Wahrscheinlichkeit für eine (erneute) Mehrlingsschwangerschaft ist bei Frauen, die älter als 35 Jahre sind und bereits ein Kind oder Mehrlinge geboren haben, um ein vielfaches erhöht.
Die Entstehung von Drillingen und höhergradiger Mehrlinge stimmt mit der Entstehung von Zwillingen überein. Man unterscheidet zunächst eineiige Zwillinge (monozygotisch) und zweieiige Zwillinge (dizygotisch). Von den Zwillingspaaren sind lediglich 30 Prozent eineiig. Eineiige Zwillinge haben das gleiche Geschlecht und die gleiche Blutgruppe. Zudem sehen sich diese Zwillinge sehr ähnlich. Eineiige Zwillinge entstehen oft durch einen Zufall bei der Zellteilung, zweieiige hingegen sind oft erblich bedingt.
Teilt sich eine Eizelle nach der Befruchtung in zwei Zellkerne mit identischen Erbanlagen, so entstehen eineiige Zwillinge. Diese unterteilt man nochmals in:
Findet die Teilung innerhalb der ersten drei Tage statt, so nisten sich zwei Keimblasen in der Gebärmutterschleimhaut ein. Die Embryonen entwickeln sich nebeneinander. Jeder Zwilling befindet sich in seiner eigenen Frucht- und Chorionhöhle (diamnitorisch und dichorisch) und ist über eine eigene Plazenta mit der Mutter verbunden.
Diese Form der Schwangerschaft ist mit etwa 70 von 100 Schwangerschaften mit eineiigen Zwillingen die häufigste Form.
Findet dagegen die Teilung erst nach dem vierten Tag statt, so bilden sich in diesem Fall nur ein Chorion und zwei Fruchthöhlen aus (monochorsich und diamniotisch). Beide Kinder werden von der Mutter über dieselbe Plazenta versorgt.
Sie kommt bei etwa 30 von 100 Schwangerschaften mit eineiigen Zwillingen vor.
Erfolgt eine Teilung erst nach dem achten Entwicklungstag, so hat dies zur Folge, dass sich beide Embryonen in derselben Chorion- und Fruchthöhle (monochorisch und monoamniotisch) entwickeln. Auch in diesem Fall werden beide Kinder über eine einzige Plazenta von der Mutter versorgt. Zudem besteht hier keine Trennwand aus Eihäuten. Sie kommt bei etwa 1 von 100 Schwangerschaften mit eineiigen Zwillingen vor.
Bei einer Teilung, die erst nach dem 12. bis 14. Tag der Entwicklung erfolgt, entsteht eine besondere Form der eineiigen Zwillinge, die so genannten siamesischen Zwillinge. Es handelt sich hierbei um eine Fehlentwicklung, bei der beide Föten miteinander verbunden bleiben. Die Kinder sind durch eine unvollständige Teilung des Embryoblasten an ein oder mehreren Körperteilen zusammengewachsen. Dieser Zustand kommt bei etwa einer von insgesamt 45.000 Geburten vor. Am häufigsten kommen Verwachsungen im Bereich des Brustbeins vor. Solche Kinder sollten möglichst schnell nach der Geburt durch eine Operation voneinander getrennt werden.
Werden zwei Eizellen, die ungefähr zur gleichen Zeit heranreifen befruchtet, so entstehen hier zweieiige Zwillinge. Hierbei werden die Eizellen von zwei unterschiedlichen Spermien befruchtet. Die Kinder können sich in gleichem Maße, wie jedes andere Geschwisterpaar voneinander unterscheiden. Das bedeutet auch, dass sie nicht zwangsläufig das gleiche Geschlecht haben müssen. Mit zunehmendem Alter der Mutter erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, zweieiige Zwillinge zu bekommen.
Bei einer In-vitro-Fertilisation (künstliche Befruchtung) werden in die Gebärmutter einer Frau jeweils mehrere befruchtete Eizellen eingesetzt, aus denen Mehrlinge entstehen können. Diese sind stets zweieiig.
Mehrlingsschwangerschaften können aus verschiedenen Kombinationen eineiiger und zweieiiger Kinder bestehen. Kommt es nach der Zwillingsbildung nochmals zu einer Teilung, entstehen Drillinge.
Unsichere Zeichen einer Mehrlingsschwangerschaft:
Zu den sicheren Zeichen gehören:
Nach einer künstlichen Befruchtung ist mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für eine Mehrlingsschwangerschaft zu rechnen.
Mehrlingsschwangerschaften sind für Mutter und Kind mit besonderen Risiken verbunden. Diese sind vor allem:
Komplikationen, die bei einer Mehrlingsschwangerschaft gehäuft auftreten:
Bei Drillingsschwangerschaften und Schwangerschaften mit höhergradigen Mehrlingen besteht die Möglichkeit der pränatalen Reduktion von Mehrlingen, der so genannte selektive Fetozid. Aufgrund einer medizinischen Indikation wird hier mindestens eines der ungeborenen Kinder getötet, entweder weil es behindert ist oder um die Überlebens- und Entwicklungschancen der anderen Föten zu erhöhen.
Um eine solche wichtige Entscheidung treffen zu können, müssen zunächst pränataldiagnostische Untersuchungen laufen, bei denen der Arzt untersucht, ob ein Kind möglicherweise eine Erkrankung oder Behinderung hat, die die Wahl des Kindes, das getötet werden soll, erleichtern könnte. Ist eine Behinderung oder Erkrankung nicht zu finden, so wird meist das kleinste Kind ausgewählt und entweder durch eine tödliche Injektion oder durch die Unterbindung versorgender Gefäße abgetötet.
Leider beträgt hier das Risiko, letztlich alle Kinder durch eine durch den Eingriff ausgelöste Fehlgeburt zu verlieren, durchschnittlich etwa 15 Prozent.
Die Diagnose einer Mehrlingsschwangerschaft wird in der Regel bei der ersten Ultraschall-Untersuchung zwischen der neunten und zwölften Schwangerschaftswoche gestellt. Die Embryonen sind in diesem Stadium der Schwangerschaft noch so klein, dass sie im Bild gleichzeitig dargestellt werden können. Natürlich nutzen die Ärzte auch diese Gelegenheit, um die Anzahl der Frucht- und Chorionhöhlen festzustellen.
Mehrlingsschwangerschaften sollten aufgrund der möglichen zahlreichen Komplikationen engmaschig kontrolliert werden. Bis zur 28. Schwangerschaftswoche erfolgt die Schwangerschaftsvorsorge alle 14 Tage, danach oft sogar wöchentlich. Bei jeder Untersuchung wird der Muttermund genau untersucht, ob es sich weich anfühlt oder zur Scheide hin etwas geöffnet ist, welches auf eine drohende Fehlgeburt hinweist.
Außerdem werden Ultraschall- und Doppler-Untersuchungen zur Darstellung der kindlichen Herzaktionen und Durchblutungsverhältnisse bis zur 20. Schwangerschaftswoche alle vier Wochen wiederholt, danach werden sie alle 14 Tage durchgeführt.
Ab der 32. Schwangerschaftswoche erfolgt eine engmaschige Überwachung der Mehrlinge durch die Kardiotokografie (CTG).
Mehrlinge sind im Ultraschall eindeutig zu erkennen.
Ärzte versuchen eine Mehrlingsschwangerschaft so lange wie möglich zu erhalten, damit die Kinder weit entwickelt sind, wenn sie geboren werden. Doch in den meisten Fällen lässt sich eine Geburt zu einem früheren Zeitpunkt nicht vermeiden. Oft ist hier die Gabe von Medikamenten erforderlich, um die Lungen der Kinder schneller reifen zu lassen. Nach der Geburt haben die Kinder somit weniger Schwierigkeiten mit ihrer Atmung.
In der Regel werden Mehrlingsgeburten als Risikogeburten eingestuft. Daher raten Ärzte generell zur Klinikgeburt. Kommt es zu Komplikationen, so können Ärzte und das restliche medizinische Personal rechtzeitig eingreifen und die Mutter sowie ihre Kinder intensiv betreuen.
Bei einer Mehrlingsgeburt ist pro Kind im Kreißsaal die Anwesenheit folgender Personen erforderlich:
Bei Zwillingen kommt eine normale Geburt nur dann in Frage, wenn jedes der Kinder nach der Gewichtsschätzung mehr als 1.800 g wiegt. Eine weitere Voraussetzung ist, dass das Kind, welches näher am Gebärmutterausgang liegt, mit dem Kopf nach unten (Schädellage) zeigt. Bei guter Entwicklung können Zwillinge ab der 33. Schwangerschaftswoche oft problemlos vaginal entbunden werden. Es kann natürlich aber auch vorkommen, dass sich lediglich der erste Zwilling in einer günstigen Kopflage und der zweite sich in Beckenendlage befindet. Hier raten Ärzte zur Schmerzbehandlung (Periduralanästhesie) während der Geburt, um auch das zweite Kind ohne Schmerzen für die Mutter in eine günstige Geburtsposition bringen zu können. Ist dies nicht möglich, so wird das erste Kind vaginal entbunden und das zweite Kind per Kaiserschnitt geholt. Zwischen den Geburten der Geschwister können jeweils 20 bis 30 Minuten liegen.
Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so werden die Kinder per Kaiserschnitt auf die Welt gebracht.
Im Falle einer Drillingsgeburt wird in Deutschland in vielen Kliniken von vorneherein ein Kaiserschnitt geplant. In den USA sieht die Sache jedoch ganz anders aus, hier werden auch Drillinge natürlich entbunden
Treten im Verlauf der Schwangerschaft Komplikationen oder Risiken für die Ungeborenen auf, so raten Ärzte etwa ab der 32. Schwangerschaftswoche zur Einleitung der Geburt oder zu einem Kaiserschnitt.
Eine Mehrlingsgeburt wird oft mittels Kardiotokografie (CTG) überwacht. Hier werden permanent die Herztöne des Ungeborenen und die Wehen gemessen
Durch die besondere Beanspruchung der Gebärmutter kann es nach einer Mehrlingsgeburt länger dauern (als bei einer einfachen Geburt) bis sich die Gebärmutter wieder zurückbildet. Daher behandelt man die Mütter medikamentös gegen einen zu hohen Blutverlust.
Bei einer Mehrlingsschwangerschaft besteht generell das Risiko für das Kind, zu früh zur Welt zu kommen. Etwa sieben Prozent der Zwillinge und 15 Prozent der Drillinge kommen bereits vor der 30. Schwangerschaftswoche zur Welt.
Erwarten Sie mehr als nur ein Kind, so sollten Sie besonders gut auf sich achten. Denn durch das erhöhte Körpergewicht mit Mehrlingen werden vor allem die Wirbelsäule, die Muskulatur und das Bindegewebe besonders stark beansprucht und belastet. Es kommt daher oft zu Schwangerschaftsbeschwerden wie:
Vermeiden Sie vor allem im letzten Drittel der Schwangerschaft körperliche Anstrengungen und allen unnötigen Stress, da dies vorzeitige Wehen begünstigen könnte.
Hilfreiche Tipps zur Vorbeugung von Problemen während einer Mehrlingsschwangerschaft:
Letzte Aktualisierung am 08.07.2021.