Unter der Aufklärung versteht man die Information des Patienten über die Untersuchungs- und die Behandlungsmethoden sowie über festgestellte Krankheiten. Die Aufklärung hat für den Patienten große Bedeutung.
Der Jurist unterscheidet verschiedene Arten der Aufklärung:
Bevor ein Eingriff beim Patienten vorgenommen wird, muss der Arzt diesen darüber informieren und sein Einverständnis zu dem Eingriff einholen. Ein Eingriff in diesem Sinne ist jede Veränderung der körperlichen Unversehrtheit oder der körpereigenen Vorgänge. Ein Eingriff ist damit eine Operation, bei der der Arzt mit dem Skalpell den Körper eröffnet. Auch eine Injektion (Spritze), etwa bei einer Impfung, ist ein Eingriff, auch wenn die Verletzung der Haut nur minimal ist.
So gesehen ist also auch der Eingriff, den ein Arzt zur Heilung vornimmt, erst einmal eine Verletzung des Körpers. Damit sich der Arzt hier nicht strafbar macht, muss der Patient dieser Verletzung zustimmen. Dieses Patienteneinverständnis ist auch bei anderen Maßnahmen erforderlich, die ähnlich stark in die körpereigenen Vorgänge eingreifen. Dies kann zum Beispiel ein Medikament sein. Auch dessen Einnahme verändert schließlich bestimmte Prozesse und hat das Risiko von Nebenwirkungen oder Gegenanzeigen.
Damit der Patient wirksam zustimmen kann, muss er über den Eingriff, seine Risiken und Folgen informiert sein. Der Arzt muss ihn also in Kenntnis setzen, dass er um diese Umstände weiß und selbst entscheiden kann, ob er dem vorgeschlagenen Eingriff zustimmen möchte. Ferner muss die Aufklärung frei von Drohung, Zwang oder Täuschung des Patienten sein. Dies dient dazu, das Selbstbestimmungsrecht des Patienten zu wahren. Denn jeder Mensch entscheidet grundsätzlich selbst, was mit ihm geschieht. In der Praxis kann dies Schwierigkeiten bereiten, da der Patient als Nicht-Mediziner schwierige medizinische Vorgänge nicht so gut versteht, wie der Arzt.
Von der Einwilligungsaufklärung ist die therapeutische oder Sicherungsaufklärung zu unterscheiden. Diese dient nicht primär der Selbstbestimmung des Patienten, sondern der Erreichung des Behandlungserfolges. Zur Sicherungsaufklärung gehört es etwa, dass dem Patienten Verhaltensregeln mitgegeben werden. Das können etwa das Verbot der sportlichen Betätigung nach einem Eingriff oder die Regeln zur Medikamenteneinnahme sein.
Der Patient muss zunächst über die Diagnose informiert werden. Hierzu gehört, dass ihm die Art und Schwere einer Erkrankung und die Dringlichkeit der Therapie dargestellt werden. Sodann muss der Arzt den beabsichtigten Eingriff nach Art und Verlauf erklären. Bei einer Operation muss also zumindest ungefähr erklärt werden, wie der Arzt vorgehen wird und was das Ziel des Eingriffs ist. Hierzu gehört auch, dass der Arzt die möglichen Risiken und ihre Wahrscheinlichkeit darstellt. Bei Medikamenten müssen eventuelle Nebenwirkungen erläutert werden.
Aufgrund der Vielzahl von Risiken muss - auch damit der Patient keine falschen Ängste entwickelt oder mit der Entscheidung überfordert wird - nicht über alle denkbaren Risiken aufgeklärt werden. Grundsätzlich kann der Arzt auch annehmen, dass dem Patienten gewisse Risiken bekannt sind. So ist es etwa selbstverständlich, dass jede Operation ein Infektionsrisiko beinhaltet. Der Arzt muss darauf nicht speziell hinweisen. Es genügt daher, wenn die allgemeinen, normalen Risiken des jeweiligen Eingriffs dargestellt werden. Ganz seltene Risiken, deren Eintritt nur äußerst unwahrscheinlich ist, muss er nicht erwähnen. Auch hier kann es aber Ausnahmen geben. Bei einer Bluttransfusion ist das Risiko mit AIDS infiziert zu werden vielleicht gering. Es ist aber eine typische Gefahr eine Transfusion und hat für den Patienten schwerwiegende Folgen. Deshalb gehört auch diese Gefahr zu den Umständen, die erwähnt werden müssen.
Die Aufklärung muss vom Arzt selbst durchgeführt werden. Unzulässig ist es, die Aufklärung von Nicht-Ärzten, etwa Arzthelferinnen/-helfern oder Krankenschwestern/-pflegern durchführen zu lassen. Allerdings muss nicht der Arzt aufklären, der den Eingriff durchführt. Dies kann auch ein anderer Arzt sein. Der operierende Arzt ist dann aber dafür verantwortlich, dass die Aufklärung auch umfassend und richtig ist.
Für die Aufklärung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. In der Praxis werden oft aber vorgefertigte Aufklärungsbögen verwendet, die für bestimmte Eingriffe bereits die wichtigsten Risiken enthalten und gegebenenfalls vom Arzt noch handschriftlich ergänzt werden und sodann vom Patienten unterschrieben werden. Das hat den Vorteil, dass bei einem späteren Streit über den Inhalt der Aufklärung darauf zurückgegriffen werden kann.
Grundsätzlich hat die Aufklärung rechtzeitig zu erfolgen. Dies bedeutet, dass der Patient genügend Zeit haben muss, sich den Eingriff und seine Entscheidung in Ruhe zu überlegen. Die Aufklärung sollte deshalb so früh wie möglich erfolgen. Bei kleineren Eingriffen kann es genügen, wenn sie erst unmittelbar vor dem Eingriff erfolgt. Bei einer geplanten, im Krankenhaus durchzuführenden Operation ist es dagegen sogar zu spät, wenn der Patient erst am Tag vor dem Eingriff aufgeklärt wird. Denn dann befindet er sich meist schon in der Klinik und ist schon auf den geplanten Eingriff fixiert. Unter diesen Bedingungen kann es ihm dann schwer fallen, noch frei zu entscheiden.
Wie genau die Aufklärung sein muss, hängt auch vom Patienten selbst ab. Der Arzt darf aus dem Verhalten des Patienten auch Rückschlüsse auf den Umfang der notwendigen Aufklärung ziehen. Einem Patienten, der erkennbar keine Details über eventuelle Risiken hören möchte, müssen diese auch nicht „mit Zwang" erläutert werden. Allerdings muss der Arzt immer soweit aufklären, dass der Patient zur selbst bestimmten Entscheidung in der Lage ist.
Für den Arzt gilt die sogenannte Therapiefreiheit. Darunter versteht man das Recht des Arztes zu entscheiden, welche Behandlung die richtige ist. Sind etwa die Chancen und Risiken bei zwei unterschiedlichen Operationsmethoden gleich, hat der Arzt das Entscheidungsrecht. Er muss dann den Patienten auch nicht darüber informieren, dass es neben der von ihm geplanten Methode eine andere gibt. Seine Aufklärungspflicht beschränkt sich auf die von ihm für sinnvoll erachtete Methode. Nur, wenn es unterschiedliche Wege gibt, die sich nach ihren Erfolgsaussichten oder Risiken unterscheiden, muss er dem Patienten diese Alternativen vorstellen.
Der Arzt muss darüber informieren, wenn er eine noch nicht erprobte oder noch nicht standardisierte Behandlungsmethode durchführen möchte. Hier bestehen höhere Anforderungen an die Aufklärung. Es müssen dann alle Risiken umfassend dargestellt werden.
Besonders umfangreich muss aufgeklärt werden, wenn es sich um medizinisch nicht indizierte, also nicht erforderliche Eingriffe handelt. Dies betrifft vor allem die Schönheitsoperationen. Hier ist wiederum auch über sehr seltene Risiken zu informieren. Vor allem muss der Patient schonungslos über die Folgen eines eventuellen Fehlschlagens informiert werden.
So wie es gesteigerte Anforderungen an den Inhalt und den Umfang der Aufklärung gibt, können diese auch reduziert sein. Dies gilt insbesondere für zwingend notwendige Maßnahmen. Ist eine Erkrankung so schwer, dass Lebensgefahr besteht und kann diese nur durch einen Eingriff abgewandt werden, muss der Arzt nicht den geringeren Risiken des Eingriffs umfangreich darstellen.
Ist der Patient bewusstlos, etwa nach einem Verkehrsunfall, darf der Arzt bei notwendigen Behandlungsmaßnahmen darauf vertrauen, dass der Patient zustimmen würde, wenn er bei Bewusstsein wäre. Gleiches gilt, wenn während einer Operation ein zufällig entdeckter Tumor entfernt wird. Der Arzt darf davon ausgehen, dass es dem Patienten lieber ist, wenn dies sofort erledigt wird und er nicht die Risiken und Strapazen eines zweiten Eingriffs auf sich nehmen muss.
Minderjährige können selbst in einen Eingriff einwilligen, wenn sie die erforderliche geistige und sittliche Reife haben. Wann die Einsichtsfähigkeit eines Kindes oder Jugendlichen ausreichend für eine eigene Einwilligung ist, lässt sich nicht schematisch bestimmen. Es kommt auf den Einzelfall an. Dieser hängt von der Art des Eingriffs und seinen Risiken ab. Als Faustformel wird man annehmen können, dass Kinder unter 12 Jahren nie und Jugendliche über 16 Jahren meistens die erforderliche Reife vorweisen können. Fehlt diese müssen die Eltern entscheiden.
Problematisch sind Fälle, bei denen der Arzt befürchten muss, durch die Aufklärung selbst beim Patienten ernsthafte Schäden zu verursachen. Dies ist etwa bei psychisch sehr labilen Personen denkbar. In diesem Fall darf er ausnahmsweise darauf verzichten oder den Umfang reduzieren. Es müssen aber massive psychische Beeinträchtigungen zu erwarten sein, der Patient darf quasi mit der Wahrheit der Aufklärung nicht fertig werden. Allein der Umstand, dass der Patient mit einer schwer wiegenden Diagnose konfrontiert werden muss, genügt dafür keinesfalls.
Ist die Aufklärung vor einem Eingriff fehlerhaft, ist das Einverständnis des Patienten nicht wirksam. Der Arzt handelt damit rechtswidrig, wenn er einen Eingriff vornimmt. Der Heileingriff wird damit zur Körperverletzung. Das gleiche gilt natürlich, wenn die Aufklärung ganz unterblieben ist.
Der Arzt kann sich dadurch strafbar machen. In jedem Fall hat er Schadenersatz zu zahlen. Dies gilt auch dann, wenn der Eingriff an sich medizinisch erforderlich war und gelungen ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arzt nachweisen kann, dass der Patient auch bei ordnungsgemäßer Einwilligung zugestimmt hätte.
Fehler bei der Sicherungsaufklärung, welche typischerweise erst nach einem Eingriff erfolgt, machen diesen nicht rechtswidrig. Verletzt der Arzt die Anforderungen an die Sicherungsaufklärung, begeht er einen Behandlungsfehler. Wenn es dadurch zu einem Schaden kommt, etwa weil der Patient die verordneten Medikamente falsch einnimmt, muss der Arzt diesen ersetzen.
Letzte Aktualisierung am 07.09.2021.