Wer schon einmal einen Abfluss gereinigt hat, wird sich an den schleimigen Film erinnern, der sich an den Abflusswänden bildet und durch eine Ansiedlung von Mikroorganismen zustande kommt. Ähnlich verhält es sich mit dem Biofilm im Darm.
Der bekannteste Biofilm ist der Zahnbelag, der sich leicht mit einer Zahnbürste entfernen lässt. Biofilme können sich aber auch an vielen Stellen innerhalb des Körpers bilden. Sie können auf Herzklappen entstehen, Hüftprothesen, Gallenstents, Katheter oder Zahnimplantate befallen – oder sich im Darm ansiedeln.
Der Biofilm legt sich an der Darmwand an. Er setzt sich zusammen aus Bakterien, Viren, Mykoplasmen und Hefen, die in einer hochkomplexen Lebensgemeinschaft miteinander verbunden sind. Die Bildung von Biofilm ist ein natürlicher Vorgang, der keine Krankheit darstellt, der aber in der Folge Krankheiten auslösen kann.
Bakterien im Darm sind wichtig für die Verdauung und für unser Immunsystem. Sie sorgen dafür, dass wichtige Nährstoffe freigesetzt und unverdauliche Nahrungsbestandteile abgebaut werden. Ohne Darmbakterien geht es nicht.
Neben den guten Darmbakterien gibt es in jedem Darm jedoch auch eine Reihe von schädlichen Bakterien. In einem gesunden Darm halten die guten Bakterien die schädlichen in Schach und sorgen dafür, dass in der Darmflora ein stabiles Gleichgewicht herrscht.
Der menschliche Darm ist im Inneren immer mit einer Schleimschicht (Glycocalyx) bedeckt. Diese gesunde Schleimschicht schützt die Epithelzellen der Darmwand.
Dass (gute und schlechte) Bakterien sich in einem Biofilm organisieren, ist natürlich. So sind sie in der Lage, sich besser an der Darmwand anzulegen. Die Bakterien sind dadurch besser geschützt, weil sie bei einer Durchfallerkrankung nicht einfach aus dem Darm geschwemmt werden. Vor allem für die Erhaltung der guten Darmbakterien ist das wichtig.
Überwiegt die Zahl der schädlichen (pathogenen) Bakterien im Darm, bilden diese einen Biofilm, der sich mehr und mehr verfestigt und sich über die gesunde Darmschleimhaut legt. Die Bakterien bilden zusammen eine Art Schutzwall, der undurchdringlich ist. Dieser verhindert unter anderem, dass Antibiotika ihn durchdringen oder dass das Immunsystem mit Antikörpern oder Fresszellen dagegen ankommt. Auch die nützlichen Darmbakterien können gegen einen von schädlichen Bakterien dominierten Biofilm wenig ausrichten.
Begünstigt durch den Verzehr von industriell verarbeiteten Lebensmitteln und Zucker, und befördert durch die Aufnahme von Eisen, Magnesium und Umweltgiften, verfestigt sich der Biofilm zu einer dicken Schicht. Durch den festen Biofilm trocknet die gesunde Darmschleimhaut unter dem Biofilm aus, was zu einem Leaky-Gut-Syndrom führen kann. Dieser Krankheitsbegriff, der aus der Alternativmedizin stammt, soll im Zusammenhang mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Allergien sowie entzündlichen Darmerkrankungen stehen. Selbst chronische und akute Entzündungen in anderen Bereichen des Körpers wie Lunge, Bronchien, Haut oder Bauchspeicheldrüse werden auf das Leaky-Gut-Syndrom und damit den Biofilm zurückgeführt.
Das Thema Darmreinigung wird kontrovers diskutiert. Schulmedizinisch wird eine Darmreinigung meist abgelehnt, da damit auch die nützlichen Bakterien aus dem Darm entfernt werden und die gesunde Darmflora geschädigt wird. Zudem kann eine Darmreinigung die erneute Bildung von Biofilm nicht verhindern. Sie müsste deshalb regelmäßig vorgenommen werden, was aber die Neuansiedlung von guten Darmbakterien erschwert.
Alternativmedizinisch wird häufig eine Darmreinigung empfohlen, um den Biofilm zu entfernen und damit den Darm von entzündungsauslösenden Bakterien zu befreien.
Verifizierte wissenschaftliche Studien, die eine Entfernung des Biofilms im Darm empfehlen, gibt es nicht. Wer eine Darmreinigung vornehmen möchte, sollte sich gut informieren. Viele Darmreinigungsprodukte lösen nicht nur den Biofilm, sondern greifen auch die gesunden Schleimschichten im Darm an.
aktualisiert am 10.08.2020