In der Komplementärmedizin bezeichnet die Lichttherapie die Bestrahlung des Körpers mit Sonnenlicht. Auch einzelne Strahlungsanteile des Lichts werden zur Behandlung von Erkrankungen eingesetzt.
Bereits in der Antike wurde Sonnenlicht zu Heilzwecken eingesetzt. Ende des 18. Jh. wurde diese Methode in Frankreich wiederentdeckt. In Deutschland fand sie Anwendung durch den Leibarzt des preußischen Königs Wilhelm III., Christoph Wilhelm Hufeland (1762 - 1836). Dieser verordnete seinen Patienten Lichtbäder.
Nach der Entdeckung der desinfizierenden Wirkung von Sonnenlicht, wurde es bei Infektionskrankheiten eingesetzt. Es wurde versucht, die noch im 19. Jh. unheilbare Tuberkulose zu heilen. Eine weitere medizinische Erforschung des Sonnenlichtes, und besonders seiner unsichtbaren Teile, erfolgte nach der Entdeckung der IR-Strahlung (infrarot) 1800 durch Wilhelm Herschel und der UV-Strahlung (ultraviolett) 1801 durch den deutschen Physiker Johann Wilhelm Ritter. Es wurde festgestellt, dass die bakterientötende Wirkung des Sonnenlichtes auf dem UV-Anteil beruht. Nachdem dieser isolierbar war, wurde er nicht nur auf die Haut, sondern auch auf Körperhohlräume und Blut angewendet, um Krankheitserreger abzutöten.
Es werden zwei Arten der Lichttherapie unterschieden. Zum einen die Bestrahlung mit Sonnenlicht und zum anderen die Behandlung mit einzelnen Strahlungsanteilen. Das Lichtbaden, also Sonnenbaden, ist Bestandteil vieler Kurbehandlungen. Saisonal bedingte Depressionen werden mit sogenanntem Weißlicht behandelt. Dieses enthält keinen UV- und nur einen geringen IR-Anteil.
Früher wurde UV-Strahlung in der konventionellen Medizin bei Kindern zur Vorbeugung von Vitamin D-Mangel eingesetzt. Heute werden hauptsächlich manche Hauterkrankungen auf diese Weise therapiert. Die Blaulichtbestrahlung zur Behandlung von Gelbsucht bei Säuglingen und die Infrarotbestrahlung zur Überwärmung bestimmter Körperstellen sind weitere medizinisch anerkannte Anwendungsbereiche.
Die Lichttherapie beruht auf den Beobachtungen, welche Auswirkungen Licht auf Kranke hat. Das physikalische Wissen über das Sonnenlicht und seine einzelnen Anteile hat die Zusammenhänge verständlich gemacht. Dadurch können die verschiedenen Strahlungsarten gezielt zur Behandlung bestimmter Erkrankungen eingesetzt werden.
Das Sonnenlicht setzt sich aus elektromagnetischer Strahlung verschiedener Wellenlängen zusammen: dem sichtbaren Licht (380 bis 780 nm), der UV-Strahlung (280 bis 380 nm) und der IR-Strahlung (780 bis 3000 nm). Jede einzelne dieser Strahlungen hat unterschiedliche Auswirkungen.
Die ultraviolette Strahlung wird nochmals in den UV-A- und den UV-B-Bereich unterteilt. Wird die Haut mit UV-Licht bestrahlt, findet eine Bräunung statt, die den Körper vor Sonnenbrand schützt. UV-B-Strahlung führt dazu, dass in der Haut Vorstufen des Vitamins D3 entstehen, das für den Knochenstoffwechsel notwendig ist. UV-A-Strahlung hingegen bremst die Zellvermehrung. Aufgrund dessen führt die Bestrahlung mit „kaltem" UV-A-Licht wahrscheinlich zu einer Besserung von Neurodermitis. In Verbindung mit dem Wirkstoff Psoralen führt die konventionelle Therapie, die sogenannte PUVA-Therapie, zu einer Besserung von Schuppenflechten.
Die IR-Strahlung dringt tief in die Haut ein und wird von den Zellen aufgenommen. Sie erzeugt Wärme und fördert so die Durchblutung. Ebenso beschleunigt sie den Stoffwechsel und kann auf diese Weise Schmerzen lindern.
Eine mehrmalige gezielte Bestrahlung mit Sonnenlicht aktiviert die Interferonproduktion und Verbessert die unspezifische Immunabwehr. Zudem hat Sonnenlicht eine positive Auswirkung auf das Gemüt. Grund hierfür ist die Verringerung der Stresshormone Kortisol und Adrenalin im Blut. Gleichzeitig wird die Produktion der körpereigenen Glückshormone, der Endorphine, angeregt.
Verschiedene Ansätze erklären die Wirkung der Lichttherapie bei Depressionen. Einer von ihnen besagt, dass die hohe Lichtintensität den Rhythmusgeber für Tag und Nacht im Körper stark aktiviert. Es wird angenommen, dass eine jahreszeitlich auftretende Depression auch durch ein zu schwach voneinander abgegrenztes Hell-Dunkel-Empfinden hervorgerufen wird.
Die Lichttherapie kann in Form von Sonnenbädern im Freien oder als Bestrahlung mit der je nach angestrebtem Ziel erforderlichen Strahlung angewendet werden.
Sonnenbäder werden auf den gesamten Körper oder nur einzelne Hautareale angewendet. Die Dauer der Sonnenbäder richtet sich nach der Menge der UV-Strahlung, die in der jeweiligen Jahreszeit und an dem betreffenden Ort zu erwarten ist. Auch die Empfindlichkeit der Haut spielt hierbei eine Rolle. Die Dosierung der UV-Bestrahlung kann langsam gesteigert werden. Infrarotlicht wird in einer Serie mit mehreren Bestrahlungen angewendet.
Die Behandlung mit Sonnenlicht wird meist in Verbindung mit anderen Naturheilverfahren angewendet. Sie ist Bestandteil der Klimatherapie und der physikalischen Medizin. UV-A- und UV-B-Strahlung in Kombination mit Medikamenten wird hauptsächlich von Hautärzten im medizinischen Bereich eingesetzt. IR-Strahlung wird nach ärztlicher Verordnung von Physiotherapeuten angewendet. Ganzlichtbestrahlungen werden oft von nicht ärztlichen Behandlern angeraten und in Laienpublikationen beworben.
In der konventionellen Medizin werden bestimmte Strahlungsarten des Lichts bei definierten Erkrankungen eingesetzt. Die Komplementärmedizin empfiehlt die Bestrahlung mit Sonnenlicht bei verschiedenen Krankheiten und Störungen von Schlafstörungen über Neigung zu Infekten bis hin zu Krebserkrankungen.
Wird die Lichttherapie als Sonnenbad angewendet, sollte vorher ein dem Hauttyp entsprechender Sonnenschutz aufgetragen werden. Bei einer Bestrahlungsbehandlung ist die Verwendung eines Augenschutzes anzuraten. Besonders bei Kindern und Jugendlichen ist ein guter Sonnenschutz wichtig, da ihre Haut empfindlicher ist.
Während der Schwangerschaft und bei älteren Menschen sollte die Lichttherapie mit Vorsicht angewendet werden.
Personen mit Sonnenallergie, Pigmentmangel, vielen Muttermalen, Ekzemen, Entzündungen aller Art, Überfunktion der Schilddrüse, akuten Infektionskrankheiten oder Herz-Kreislauf-Schwäche sollten das direkte Sonnenlicht meiden.
Verschiedene Pflanzeninhaltsstoffe und Arzneimittel, wie Johanniskraut und Tetrazykline, machen die Haut lichtempfindlich. Bei Einnahme dieser Mittel sollte ebenfalls das direkte Sonnenlicht gemieden werden.
Ein längerer Aufenthalt in der Sonne steigert das Sonnenbrandrisiko und damit das Risiko für Hautkrebserkrankungen.
Direktes Sonnenlicht schadet den Augen. Es schädigt Horn- und Bindehaut und zerstört die Sinneszellen der Netzhaut.
UV-Strahlen beschleunigen die Hautalterung. Eine Bestrahlung mit Sonnenlicht kann zu einer Lichtüberempfindlichkeit und schließlich einer Sonnenallergie führen.
Zur therapeutischen Wirksamkeit der Lichttherapie bei Depressionen liegen nur wenige Studien vor. Die Risiken sind gering, jedoch fällt die Nutzen-Risiko-Einschätzung eher negativ aus. Damit ist die Lichttherapie zur Behandlung von Depressionen „wenig geeignet".
Für die Wirksamkeit bei Schlafstörungen älterer Menschen und zur Behandlung von Symptomen der Demenz gibt es keinen Nachweis. Die Wirksamkeit bei anderen Krankheiten und Störungen ist ebenfalls nicht nachgewiesen. Hier sind die Risiken ebenfalls gering, sofern das Verfahren richtig angewendet wird. Die Nutzen-Risiko-Abwägung fällt insgesamt negativ aus und die Lichttherapie ist zur Behandlung von Schlafstörungen älterer Menschen und Symptomen der Demenz „nicht geeignet".
Letzte Aktualisierung am 14.09.2021.