Im Rahmen einer Behandlung erlangen der Arzt oder das Krankenhaus eine Vielzahl an Informationen über den Patienten. Dies reichen von den Adressdaten bis hin zu Krankheitsbefunden. Neben Angaben die der Patient gegenüber seinem Arzt macht und den eigenen Notizen des Arztes entstehen zudem regelmäßig Röntgenaufnahmen etc., welche ebenfalls Informationen enthalten. Die meisten Daten bleiben dem Patienten verborgen, da seine Krankenakte beim Arzt verbleibt.
Für den Patienten stellt sich dann oft die Frage, ob er diese einsehen und sich Kopien machen darf und ob Dritte Zugang zu diesen Informationen haben.
Das Einsichtrecht in die Akte ist meist unerlässlich, wenn der Patient die Richtigkeit einer (privat-) ärztlichen Abrechnung überprüfen will oder einen Behandlungsfehler vermutet. Bei schweren oder langfristigen Erkrankungen kann es sinnvoll sein, dass der Patient eine Kopie seiner Akten bei sich hat, damit er bei Bedarf anderen Ärzten schnell und unkompliziert eine vollständige Übersicht seiner Krankengeschichte vorweisen kann. Auch können diese Unterlagen wichtig werden, wenn es um Versicherungsverträge geht.
Der Arzt ist sowohl nach seiner Berufsordnung als auch aus dem Behandlungsvertrag verpflichtet, alle relevanten Informationen aufzuzeichnen. Neben den persönlichen Daten gehören dazu alle Untersuchungsergebnisse, die durchgeführten Therapien, ärztliche Hinweise, sonstige Berichte und Schreiben sowie alle Bilder und Aufnahmen (Röntgen, CT, MRT, etc.). In der Regel muss der Arzt diese Unterlagen 10 Jahre lang aufbewahren. Danach darf er sie vernichten.
Die Dokumente und Bilder sind das Eigentum des Arztes beziehungsweise des Krankenhauses. Der Patient hat aber das Recht, sich die Unterlagen anzusehen. Dies gilt für alle Unterlagen, auch für Anmerkungen und Gesprächsnotizen des Arztes. Der Patient hat außerdem das Recht, jederzeit Kopien von allen Unterlagen zu verlangen. Er muss dem Arzt aber die Kosten der Kopie und des Portos bei Postversand ersetzen. Der Patient muss keinen Grund nennen, warum er seine Akte sehen oder kopiert haben möchte. Auch kann der Patient die Akte beliebig oft einsehen oder kopieren.
Nur in absoluten Ausnahmefällen hat der Arzt das Recht, dem Patienten die Einsicht in die Akte (zum Teil) zu verweigern. Dabei genügt es nicht, dass die Unterlagen auch persönliche Anmerkungen des Arztes beinhalten. Es müssen vielmehr nachprüfbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Kenntnis seiner eigenen Unterlagen für den Patienten schädlich wäre. Ein derartiger Fall ist nur bei psychisch sehr labilen Patienten - etwa bei konkrete Suizidgefahr - und schwerwiegenden Krankheiten denkbar.
Sofern es um minderjährige Kinder geht, haben (auch) die Eltern ein Einsichtsrecht. Schwierig wird es beim Einsichtsrecht von Angehörigen. Diese können ein eigenes Interesse an der Einsicht haben, wenn der Patient selbst nicht mehr in der Lage ist, darüber zu entscheiden oder verstorben ist. Das Problem hierbei ist, dass der Arzt der ärztlichen Schweigepflicht unterliegt und grundsätzlich nur mit Zustimmung des Patienten die Akten herausgeben darf. Meistens liegt jedoch keine (schriftliche) Erklärung des Patienten vor, wonach er seinen Angehörigen die Einsicht gestattet. Grundsätzlich wird man davon ausgehen können, dass der Patient ein Interesse daran hat, dass auch seine (nahen) Angehörigen Kenntnis der Krankenakte haben. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Patient verstorben ist und die Erben einen möglichen Behandlungsfehler klären lassen wollen. Deren Einsichtsrecht besteht aber ausnahmsweise dann nicht, wenn der Patient noch zu Lebzeiten erklärt hat, dass er mit einer Weitergabe nicht einverstanden ist.
Die Krankenkassen und privaten Krankenversicherer haben kein eigenes Einsichtsrecht in die Akten. Allerdings können sie diese mit der Einwilligung des Patienten anfordern. Sofern Ärzte ihre (privatärztlichen) Honorarabrechnungen über sogenannte ärztliche Abrechnungsstellen einfordern, müssen sie zuvor das Einverständnis des Patienten eingeholt haben. Anderenfalls verletzen sie die ärztliche Schweigepflicht.
Findet sich eine bestimmte Maßnahme dokumentiert in der Akte, bedeutet dies nicht automatisch, dass sie auch erfolgt ist. Allerdings kommt der Patientenkartei bei Rechtsstreitigkeiten eine gewisse Indizwirkung zu. Sofern nicht besondere Umstände vorliegen wird also erst einmal vermutet, dass die dokumentierte Maßnahme auch so erfolgt ist. Sind eine Maßnahme oder ein Befund dagegen nicht dokumentiert, wird vermutet, dass die Maßnahme auch nicht durchgeführt beziehungsweise der Befund nicht erhoben wurde. Behauptet der Arzt das Gegenteil, muss er es dann auch beweisen. Sind Eintragungen erst verspätet vorgenommen worden, kann auch dies Zweifel an der Richtigkeit der Dokumentation begründen. Auch dann muss der Arzt plausibel erklären, wieso der Eintrag erst verspätet erfolgte.
Die ärztliche Schweigepflicht und Dokumentationspflicht ergibt sich nicht nur aus den Berufsordnungen und dem Behandlungsvertrag. Sie ist auch strafrechtlich abgesichert. Offenbart der Arzt Informationen, die er im Rahmen des Behandlungsverhältnisses erlangt hat, unbefugt Dritten gegenüber, macht er sich einer Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 StGB strafbar.
Verändert der Arzt nachträglich die Patientenakte, kann dies eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung nach § 267 StGB nach sich ziehen. Erfolgt dies um einer Schadenersatzpflicht wegen eines Behandlungsfehlers zu entgehen, liegt zudem ein (versuchter) Betrug nach § 263 StGB vor. Erstellt der Arzt ein falsches Zeugnis zur Vorlage bei einer Behörde oder eine Versicherungsgesellschaft, wird dies ebenfalls nach § 278 StGB bestraft.
Letzte Aktualisierung am 15.11.2021.