Die traditionelle chinesische Medizin, kurz TCM, beschreibt die Heilkunde, die sich über Jahrtausende in China entwickelt hat. Sie besitzt ein eigenes Diagnosesystem sowie ein Erklärungsmodell für Krankheit und Gesundheit. Therapeutische Verfahren, die in der TCM eingesetzt werden, sind etwa Arzneitherapie, Akupunktur, Moxibustion, Massagetechniken und Bewegungsübungen wie Qigong und Taichi. Zur Diagnose werden die Zungen- und Pulsdiagnose eingesetzt.
Die schriftlichen Quellen über die medizinischen Methoden in China reichen über drei Jahrtausende zurück. Sie beschreiben diese meist auf konzeptioneller Ebene und sind von den unterschiedlichen Theorien der zahlreichen philosophischen Schulen geprägt. Eine einheitliche Heilkunde hat somit nicht bestanden. Neben der Medizin umfasste sie auch die Volksheilkunst, die Kräuterkunde, die Lehre vom Knochenrichten, Massage und Qigong-Heilkunst. Daneben spielten auch das Wissen um die richtige Ernährung und eine spezielle Diätkost eine große Rolle.
Die philosophischen Gedanken des Taoismus und des Konfuzianismus waren ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der alten chinesischen Medizin. Sie streben die körperlich-geistige Harmonie als Ideal an, jedoch auf unterschiedlichen Wegen. Der Konfuzianismus sieht hierfür ein moralisch korrektes Leben innerhalb der Gesellschaft vor, in der jeder seinen Platz mit bestimmten Regeln und Pflichten kennt. Der Taoismus hingegen geht von einem geistigen Urprinzip aus, das über allem steht und durch eine harmonische Beziehung zwischen Mensch und Natur erreicht werden kann. Mit der Verbreitung des Buddhismus in China gewann diese Vorstellung noch mehr an Bedeutung.
Bis ins 17. Jahrhundert hat die traditionelle chinesische Medizin eine dynamische Entwicklung erfahren und fand im gesamten asiatischen Raum Verbreitung. Später gab es jedoch kaum nennenswerte Neuerungen. Zudem konnten mit ihr zwar Alltagsleiden erfolgreich behandelt werden, bei Epidemien versagte sie jedoch und chirurgische Eingriffe fanden gar keine Anwendung. Mit den neuen Kenntnissen über Hygiene und die Entstehung von Krankheiten verlor die TCM im 19. Jh. schließlich an Bedeutung und wurde 1929 in China ganz verboten.
Die kommunistische Regierung, die verstärkt nationale Kulturgüter fördert, rief auch die alte Medizintradition wieder in das Gedächtnis der Bevölkerung. Um sie aufzuwerten wurde hierzu das „Institut zur Verbesserung ihres Standards" gegründet. Der Versuch in den 1940er Jahren, die westliche und die traditionelle chinesische Medizin zu vereinen, war nur bedingt erfolgreich, da sie sich zu sehr unterscheiden. Heute wird die TCM an einigen Universitäten in China gelehrt und in speziellen Kliniken angewendet. Den Patienten bleibt selbst überlassen, welches Medizinsystem sie nutzen. Auch die Schaffung einheitlicher Kriterien für Diagnose und Wirksamkeit der TCM 1995 führte zu keinem einheitlichen System. Grund hierfür sind zahlreiche Weiterentwicklungen auch außerhalb Chinas.
Auf dem westlichen Medizinmarkt ist die traditionelle chinesische Medizin sehr beliebt. Allein in Deutschland wurden mehrere Vereinigungen gegründet und mehrere tausend Behandler mit unterschiedlicher Ausbildung wenden diese Heilmethode an. Die Popularität der TCM führte 2003 zu der Gründung des Weltdachverbandes (World Federation of Chinese Medicine Society - WFMCS) und der ersten privaten Universität für TCM in Wien. An der Universität Mainz wurde 2005 die erste Stiftungsprofessur für traditionelle chinesische Medizin eingerichtet.
Letzte Aktualisierung am 29.07.2015.