Der Diabetes mellitus (,,honigsüßer Durchfluss", aus dem Griechischen ,,hin-durchgehen", ,,hindurchfließen" und lateinisch mellitus ,,honigsüß") ist eine Sammelbezeichnung für eine Reihe chronischer Stoffwechselerkrankungen, die durch einen erhöhten Blutzuckerspiegel (Hyperglykämie) bei erniedrigter Blutzuckerverfügbarkeit gekennzeichnet sind. Die erniedrigte Verfügbarkeit des Zuckers im Blut ist die Folge einer Verwertungsstörung der mit der Nahrung zugeführten Kohlenhydrate durch einen relativen oder absoluten Insulinmangels.
In Deutschland sind etwa vier bis fünf Prozent der Bevölkerung Diabetiker. Nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind die Hauptformen des Diabetes mellitus Typ I, der häufig schon im Jugendalter auftritt, und Typ II, der lange Zeit auch als Altersdiabetes bezeichnet wurde. Etwa 90 Prozent der Diabetiker haben einen Typ II Diabetes.
Daneben existiert auch der so genannte Gestationsdiabetes, der ausschließlich in der Schwangerschaft auftritt. Seltener dagegen sind die sekundären Diabetesformen, die durch Grunderkrankungen wie beispielsweise Pankreatitis, Morbus Cushing, Akromegalie oder durch Arzneimittel, wie Glucokortikoide oder Thiazid-Diuretika verursacht werden.
Diabetiker haben langfristig ein erhöhtes Risiko, an diabetestypischen Spätkomplikationen zu erkranken. Zu diesen zählen vor allem Erkrankungen der Augen, Nieren, Nerven und an den großen Blutgefäßen.
Die Ursachen für die Entstehung eines Diabetes mellitus sind je nach Form der Erkrankung unterschiedlich.
Beim Diabetes mellitus Typ I liegt ein so genannter absoluter Insulinmangel vor, das heißt, die Bauchspeicheldrüse des Betroffenen kann nicht genügend Insulin produzieren. Der Körper der von Diabetes mellitus Typ I-Patienten ist somit nicht in der Lage, den Blutzuckerspiegel nach der Aufnahme kohlenhydratreicher Mahlzeiten zu senken.
In den meisten Fällen hat ein Diabetes mellitus vom Typ I immunologische Ursachen. Das bedeutet, die hormonproduzierenden Zellen, die innerhalb der Bauchspeicheldrüse für die Bildung von Insulin verantwortlich sind (B-Zellen), werden vom eigenen Körper als fremd angesehen und zerstört. Dieser durch Autoimmunprozesse bedingte Diabetes wird als LADA (= latent autoimmune diabetes in adults) bezeichnet und tritt in den meisten Fällen schon im Jugendalter oder im frühen Erwachsenenalter ein.
Der Diabetes mellitus von Typ II zeichnet sich hingegen durch eine verminderte Produktion von Insulin sowie eine herabgesetzte Insulinwirkung an den Körperzellen (Insulinresistenz) aus. Das heißt Insulin kann zum einen seine Wirkung an den Zellen nicht mehr ausüben und die Glukose kann nicht mehr aus dem Blut in die Zellen transportiert werden. Zum anderen nimmt mit zunehmender Insulinresistenz auch die Produktion von Insulin in der Bauchspeicheldrüse ab und ein Insulinmangel entsteht.
Diese Faktoren für die Entstehung eines Diabetes mellitus können zum sowohl erblich bedingt sein, als auch durch Übergewicht und falsche Ernährung ausgelöst werden. In vielen Fällen ist das so genannte Metabolische Syndrom, eine Kombination aus Übergewicht, Bluthochdruck, erhöhter Blutfette und Insulinresistenz, die Vorstufe eines Diabetes mellitus. Bei den meisten Typ II Diabetikern liegt eine Kombination mehrerer dieser Faktoren vor. Auch Stress und wiederkehrende Infektionen können zur Entstehung eines Diabetes mellitus beitragen.
Eine Sonderform des Diabetes mellitus nimmt der so genannte Gestationsdiabetes ein. Diese Form der Stoffwechselstörung tritt im Rahmen einer Schwangerschaft erstmalig auf. Sie betrifft etwa zwei bis fünf Prozent aller Schwangeren. Häufig normalisiert sich der Kohlenhydratstoffwechsel nach der Entbindung wieder von selbst. Die Betroffenen haben jedoch nach der Schwangerschaft ein erhöhtes Risiko, einen manifesten Diabetes mellitus zu entwickeln.
Andere Diabetestypen sind zwar eher selten, können jedoch eine Vielzahl von Auslösern haben. Zu diesen zählen:
Die Symptome des Diabetes mellitus sind sehr variabel und hängen meist vom Ausmaß des Insulinmangels ab. Vor allem beim Diabetes Typ II haben die Betroffenen im Frühstadium meist keine Beschwerden. Er wird häufig im Rahmen von Routineuntersuchungen erkannt. Ein Diabetes Typ I macht sich in der Regel wesentlich schneller bemerkbar.
Klassische Symptome des Diabetes mellitus sind häufiger Harndrang (Polyurie), häufiges Durstgefühl und große Trinkmengen (Polydipsie) sowie Gewichtsverlust. In vielen Fällen sind die Betroffenen auch sehr ausgetrocknet (dehydriert) und fühlen sich schlapp und kraftlos.
Sie leiden unter Heißhungerattacken, vermehrten Infekten, Hautjucken und gelegentlichen Sehstörungen. Bei älteren Patienten sind zudem meist Verwirrtheitszustände, Schwindel und häufige Stürze zu beobachten.
Die Diagnose des Diabetes mellitus beruht auf der individuellen Vorgeschichte des Patienten, den typischen klinischen Befunden der Erkrankung sowie der Labordiagnostik.
Während beim Diabetes mellitus Typ I meist ausgeprägte klinische Symptome bestehen, haben die Typ II Diabetiker meist nur diskrete Symptome und die Diagnose wird häufig zufällig im Rahmen von Routineuntersuchungen gestellt.
Der wichtigste Labortest in der Diagnose des Diabetes mellitus ist die Bestimmung des Blutzuckers. Dieser sollte nüchtern gemessen werden und beim Gesunden einen Wert von 126mg/dl nicht überschreiten. Treten in der Blutzuckermessung mehrmals erhöhte Werte auf, sollte ein oraler Glukosetoleranztest durchgeführt werden, der einen besseren Aufschluss über die Verwertung der Kohlenhydrate geben kann. Im Falle des Gestationsdiabetes wird empfohlen, diesen in der 24. bis 48. Schwangerschaftswoche durchzuführen, bei verdächtigen Symptomen auch schon früher.
In der weiteren Diagnostik kann zusätzlich eine Urinzuckermessung vorgenommen werden, die mit einem Teststreifen einfach durchführbar ist. Sie sollte auch bei bereits festgestelltem Diabetes mellitus etwa ein bis zwei Mal pro Jahr routinemäßig erfolgen.
Auch die Messung so genannter Ketonkörper im Urin gibt Aufschluss über das Vorliegen einer Stoffwechselerkrankung wie Diabetes mellitus. Ketonkörper werden bei einem vermehrten Abbau von Fettsäuren ausgeschieden und sind vor allem bei ausgeprägter Hyperglykämie und entgleister Stoffwechsellage im harn nachweisbar.
Die C-Peptid-Messung dient der Bestimmung der Insulinsekretion. Das C-Peptid ist ein Abbauprodukt bei der Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse. Somit reflektiert die Menge an C-Peptid im Blut die Funktion der insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse.
Bei Verdacht auf einen Diabetes mellitus Typ I sollte zusätzlich eine Immundiagnostik durchgeführt werden. Durch diese kann das individuelle Risiko für die Schwere der Zuckerkrankheit bestimmt werden.
Erhöhte Blutzuckerwerte können auch im Rahmen einer so genannten passageren Hyperglykämie auftreten. Diese sind meist durch Stresssituationen, wie eine Operation oder einen Unfall bedingt. Solche passageren Hyperglykämien können im durch Verlaufsuntersuchungen leicht vom manifesten Diabetes mellitus abgegrenzt werden.
Die Therapie eines Diabetes mellitus ist sehr variabel und richtet sich zunächst nach der Form des Diabetes, sowie nach dem Alter, den Begleiterkrankungen sowie dem persönlichen Umfeld des Betroffenen.
Das Ziel der Diabetestherapie ist zunächst die Normoglykämie, also ein Blutzuckerspiegel, der in einem gesunden Bereich liegt. Zu Beginn jeder Therapie steckt der Arzt gemeinsam mit dem Patienten die angestrebten Therapieziele ab. Diese werden bei den verschiedenen Diabetestypen durch folgende Maßnahmen erreicht.
Beim Typ I Diabetes ist die Gabe des fehlenden Insulins die Grundlage jeder Therapie. Diese kann durch eine angepasste Ernährung ergänzt werden.
Entwickelt ein Typ I Diabetiker zusätzlich zu seiner Zuckerkrankheit eine Nierenschwäche (terminale Niereninsuffizienz) kann als letzter Ausweg eine Transplantation von Pankreas und Niere durchgeführt werden.
Beim Typ II Diabetes ist eine ausgewogene Ernährung zunächst die Basis der Behandlung. Ergänzend sollten die Betroffenen auf ausreichend Bewegung achten um ein normales Körpergewicht zu erzielen und zu halten. Nur wenn mit dieser Basistherapie keine befriedigende Stoffwechseleinstellung erreicht wird, kann eine zusätzliche medikamentöse Therapie eingeleitet werden. Diese erfolgt zunächst mit oralen Antidiabetika. Erst wenn auch diese Therapie nicht die gewünschten Erfolge bringt, wird mit einer Insulintherapie begonnen.
Patientinnen, die einen Gestationsdiabetes entwickeln, sollten mit Insulin behandelt werden, um so eine konsequent normoglykämische Stoffwechsellage sicherzustellen.
Ein wichtiger Bestandteil jeder Diabetesbehandlung ist die regelmäßige Selbstkontrolle des Blutzuckers. Vor allem Diabetiker ohne Insulinbehandlung sollten den Blutzucker regelmäßig ein bis zwei Stunden nach den Hauptmahlzeiten messen. Diabetiker die Kombinationsbehandlung oder eine intensivierte Insulinbehandlung durchführen sollten regelmäßig nüchtern vor dem Frühstück eine Blutzuckerkontrolle durchführen.
Jeder Diabetiker sollte eine Diabetesschulung besuchen.
Hyperglykämische Stoffwechselentgleisungen sollten mit Insulin behandelt werden.
Die Prognose und der Verlauf eines Diabetes mellitus werden maßgeblich von den Folge- und Begleiterkrankungen des Betroffenen bestimmt. Die Erkrankung ist in der Regel nicht heilbar. Wird sie jedoch frühzeitig erkannt und kann der Stoffwechsel des Diabetikers vor dem Auftreten von Folgeerkrankungen optimal eingestellt werden, ist der Verlauf der Erkrankung meist günstig und Komplikationen können oft verhindert werden.
Eine gute Blutzuckereinstellung mithilfe einer ausgewogenen Ernährung, Bewegung und einer angemessenen medikamentösen Therapie erhöht die Lebensqualität und die Lebenserwartung des Betroffenen erheblich.
Letzte Aktualisierung am 05.10.2021.