Die Inkubationszeit, also der Zeitraum von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Infektion, beträgt 7-14 Tage.
95% der Fälle von Infektionen mit dem Poliovirus verlaufen ohne Symptome, das Kind hat also keine Anzeichen einer Erkrankung. Es kommt trotzdem zur Bildung von Antikörpern gegen das Virus, sodass die Infizierten unbemerkt immun gegen die Krankheit werden.
Es ist ebenfalls möglich, dass die Infektion als sogenannte abortive Poliomyelitis verläuft. Abortiv steht hier für „abgekürzt" oder „abgeschwächt" und meint, dass die Erkrankung in den meisten Fällen folgenlos ausheilt und das zentrale Nervensystem nicht infiziert. Die Betroffenen entwickeln lediglich grippeähnliche Symptome wie Fieber, Abgeschlagenheit, Halsschmerzen und zum Teil auch Durchfall und Erbrechen.
Nur bei etwa 5-10% der Patienten, die nach einer Infektion mit dem Poliovirus Krankheitszeichen entwickeln wird tatsächlich auch das zentrale Nervensystem betroffen. Die oben beschriebene abortive Form ist dann das Vorstadium der eigentlichen Erkrankung.
Nach diesem Vorstadium sind die Kinder meist zunächst eine Woche beschwerdefrei, bevor die Krankheitszeichen einsetzen. Auf die beschwerdefreie Phase folgt dann eine nicht eitrige Hirnhautentzündung (aseptische Meningitis), die noch keine Lähmungserscheinungen auslöst. Die Kinder sind dabei Nackensteif, können also ihr Kinn nicht mehr in Richtung Brust bewegen, und haben Fieber und Kopfschmerzen.
Nur etwa bei etwa einem Prozent der Infizierten, die auch Krankheitszeichen entwickeln, tritt eine paralytische Poliomyelitis auf, die schwerste Verlaufsform der Erkrankung, die als die „Klassische" Kinderlähmung gefürchtet wird. Sie kann auch nach einem beschwerdefreien Intervall von 2-12 Tagen noch auftreten und verläuft in zwei Phasen:
Etwa 20% der Betroffenen, die an der paralytischen Form von Polio erkranken, sterben an den Folgen der Kinderlähmung. Bei den übrigen Patienten bilden sich die Lähmungserscheinungen meist innerhalb eines Jahres wieder zurück, in einigen Fällen können Lähmungen und Durchblutungsstörungen jedoch als Folgeerscheinung bestehen bleiben.
Gelenkbeschwerden und Deformitäten der Knochen können aufgrund der Fehlhaltung durch die Lähmung eine Folge der Erkrankung sein. Die Lähmung tritt meist asymmetrisch (ungleichseitig) an Beinen oder Armen auf, wodurch sich die betroffenen Muskelgruppen zurückbilden. So kommt es oft zusätzlich in der betroffenen Körperregion auch zum Wachstumsrückstand bei Kindern, das gesunde Bein wächst also schneller als das gelähmte. So kann sich eine Fehlhaltung entwickeln, wie beispielsweise eine Skoliose, also eine Verkrümmung der Wirbelsäule, oder Fußdeformitäten und Haltungsschäden, die auch nach dem Rückgang der Erkrankung durch die lange Fehlbelastung noch bestehen bleiben.
Eine Spätfolge, die erst Jahre nach der eigentlichen Erkrankung auftreten kann, ist das Post-poliomyelitis Syndrom. Die Betroffenen haben Ermüdungserscheinungen, Muskelschmerzen und Muskelschwund in früher betroffenen Muskeln. Es können auch Atem- oder Schluckbeschwerden auftreten oder Muskelgruppen betroffen sein, die im Laufe der Kinderlähmung nicht beeinträchtigt waren.
Letzte Aktualisierung am 29.07.2015.