Der Begriff Rheuma kommt aus dem griechischen von rheo, „ich fließe". Allgemein beschreibt sie die Beschwerden am Stütz- und Bewegungsapparat mit fließenden, reißenden und ziehenden Schmerzen, die oft mit funktioneller Einschränkung einhergehen. Der Spezialist für die Diagnose und Behandlung rheumatischer Erkrankungen wird als Rheumatologe bezeichnet.
In Deutschland ist die Rheumatologie keine eigene medizinische Fachrichtung, sondern lediglich ein Teilgebiet der Inneren Medizin oder der Orthopädie. Mittlerweile wird durch die „Internationale Klassifikation der Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes" zwischen 200 bis 400 einzelnen Erkrankungen unterschieden. Diese unterscheiden sich wesentlich im Beschwerdebild, Verlauf und in der Prognose. Die Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises sind daher kaum zu überblicken und deshalb schwierig zu diagnostizieren. Daher auch der Spruch - „Was man nicht erklären kann, sieht man gern als Rheuma an...".
Derzeit ist in Deutschland nur jeder 10. Betroffene bei einem Rheumatologen in Behandlung. Zu Bedenken ist, dass bei rechtzeitiger rheumatologischer Behandlung bei vielen Patienten irreversible Gelenkschäden verhindert werden können. Die Behandlung schwerer Fälle oder spezielle Untersuchungen werden an Kliniken mit speziellen Rheumatologie-Abteilungen durchgeführt.
Umgangssprachlich bezeichnet man als Rheuma alle schmerzhaften Erkrankungen an Rücken, Gelenken und Knochen sowie Muskeln, Sehnen und Bändern. Hinter dem Begriff Rheuma verbergen sich jedoch mindestens 300 voneinander abgrenzbare Krankheitsbilder mit unterschiedlichen Ursachen und Verläufen. Je nach Art und Lokalisation kann man sie grob unterteilen in:
Hierbei handelt es sich häufig um Autoimmunerkrankungen, die nach Erkrankungsbeginn die Betroffenen meist ein Leben lang begleiten. Charakteristisch ist die (primäre) Gelenkentzündung (Arthritis). Entzündlich-rheumatische Erkrankungen sind nicht nur auf den Bewegungsapparat beschränkt, sondern können nahezu alle Organsysteme betreffen. Am häufigsten kommt die rheumatoide Arthritis vor, welches allmählich die Gelenke zerstört (betroffen sind etwa ein Prozent der Bevölkerung). Ebenso häufig ist der Morbus Bechterew. Seltener sind Kollagenosen und Vaskulitiden. Hierbei handelt es sich um schwere Multiorgankrankheiten, bei denen vor allem das Bindegewebe bzw. die Blutgefäße befallen sind.
Zu den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen gehören unter anderem:
Degenerative Prozesse aufgrund von Überlastungs- und Verschleißerscheinungen, auch als Arthrose (oder auch Verschleißerkrankungen) bezeichnet. Sie betreffen insbesondere die Wirbelsäule, Hüftgelenke und Kniegelenke.
Stoffwechselstörungen die mit rheumatischen Beschwerden einhergehen, wie Gicht (oder andere Kristallablagerungskrankheiten), Osteoporose und Eisenstoffwechselstörung (Hämochromatose).
Hierzu gehören verschiedene Krankheitsbilder mit Symptomen wie Schmerzen im Bereich von Muskulatur und Sehnen. Dazu zählen:
Gelenkschäden können einerseits durch jahrelange Überbeanspruchung und Abnutzung und andererseits durch entzündliche Prozesse im Rahmen einer Autoimmunreaktion (der Körper bekämpft seine eigenen Strukturen) entstehen. Eine Abgrenzung zwischen beiden Krankheitsbildern ist oft sehr schwierig, weil jede lang dauernde Arthritis zur Arthrose führt. Andererseits führt jede nicht nur leichte Arthrose, zumindest vorübergehend zu einer Entzündung eines Gelenks, also einer Arthritis. Trotzdem ist eine Unterscheidung beider Krankheitsbilder enorm wichtig, weil der Therapieansatz jeweils ein völlig anderer ist.
Viele rheumatische Erkrankungen entwickeln sich aufgrund einer Störung des Immunsystems, woraufhin der Körper eigene Strukturen wie z.B. die Gelenkinnenhaut als fremd sieht und angreift. Diese werden auch als so genannte Autoimmunkrankheiten bezeichnet und können sowohl in Form der Kollagenosen als auch systemische Erkrankungen auftreten, bei denen nicht nur ein Organ bzw. eine Körperregion, sondern gleichartige Gewebe in vielen verschiedenen Organen Ziel des fehlgeleiteten Immunsystems sind.
Bislang sind die Ursachen für die Fehlfunktion des Immunsystems unbekannt. In einigen Fällen konnten jedoch familiäre sowie geschlechtsspezifische Häufungen festgestellt werden. Zudem lassen sich bei vielen Betroffenen bestimmter rheumatischer Erkrankungen, charakteristische genetische Marker nachweisen. Dies lässt vermuten, dass es einen gewissen Einfluss genetischer Faktoren geben muss.
Bei den infektreaktiven Arthritiden, eine kleine Gruppe entzündlich-rheumatischer Erkrankungen, ist ein ursächlicher Zusammenhang mit bereits abgelaufenen, meist bakteriellen Infektionen (vor allem des Darms oder des Urogenitaltraktes) erkennbar. Neben den typischen Symptomen wie Schmerzen oder Schwellungen kommt es häufig zu Spätfolgen wie Gelenkzerstörung, Fehlstellungen und Funktionsverlust.
Der Verlauf einer rheumatischen Erkrankung und das Ansprechen auf eine Therapie kann von Patient zu Patient sehr unterschiedlich aussehen. Oft kann man keine klare Trennung zwischen den verschiedenen rheumatischen Erkrankungen machen. Nicht selten findet man Zeichen mehrerer sich überlappender Erkrankungen bei nur einem Patienten, welches in der Medizin auch als Overlap Syndrom bezeichnet wird.
Rheuma ist keineswegs nur eine Erkrankung des älteren Menschen. Oft sind auch junge Menschen und sogar Kinder von rheumatischen Erkrankungen betroffen. Im fortgeschrittenen Alter treten meist Arthrosen (verschleißbedingte Gelenkbeschwerden) auf. Dagegen tritt die entzündliche Form, also die Arthritis, typischerweise zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr erstmals in Erscheinung.
Letzte Aktualisierung am 05.10.2021.