Eine Harninkontinenz (Blaseninkontinenz) ist die Unfähigkeit, den Urin zurückzuhalten. Oft ist in dem Sinne von einer Blasenschwäche die Rede. Meist wird mit dem Begriff Blasenschwäche eine leichte Inkontinenz benannt. Die Harninkontinenz kann unterschiedlich schwer ausgeprägt sein. Bei einigen Betroffenen gehen nur vereinzelte Tropfen ab, bei anderen eine größere Menge Urin. Die Harninkontinenz kann einige unterschiedliche Ursachen haben. Insgesamt findet sich das Problem häufiger bei Frauen als bei Männern. Die Verteilung ist etwa 2:1. Es werden mehrere Formen der Harninkontinenz nach der Entstehung unterschieden. Hauptsächlich handelt es sich um folgende Inkontinenzarten:
• Stressinkontinenz (Belastungsinkontinenz)
Die Stressinkontinenz findet sich bei körperlicher Belastung wie z. B. Husten oder Hochheben von Gegenständen. Der Harnabgang entsteht dadurch, dass der Beckenboden zu schwach ist, um die Harnröhre erfolgreich zu verschließen. Der jeweilige Auslöser ist die Erhöhung des Druckes im Bauchinneren durch die Belastung.
• Dranginkontinenz (Urge-Inkontinenz)
Die Dranginkontinenz ist durch einen häufigen und plötzlich einsetzenden Harndrang gekennzeichnet. Der Urin kann oft nicht aufgehalten werden. Ursache der Dranginkontinenz ist entweder eine übermäßige Blasenmuskel-Aktivität oder eine verstärkte Wahrnehmung des Harndrangs. Das kann wiederum durch Entzündungen, Einengungen, Tumore, Nervenstörungen oder andere Erkrankungen bedingt sein.
• Mischinkontinenz
Im Übrigen findet sich recht häufig eine Mischform aus Drang- und Stressinkontinenz.
• Überlaufinkontinenz
Die Überlaufinkontinenz entsteht durch eine Verengung des Harnabflusses in der Harnröhre, beispielsweise durch eine Prostatavergrößerung. Es kommt zum Abgang von Harn, wenn der Druck in der Blase zu groß wird und sie gewissermaßen „überläuft".
• Reflexinkontinenz
Die Reflexinkontinenz entsteht durch eine Schädigung von Nervenbahnen. Es kommt zu Reflexen, die eine Harnausscheidung bewirken.
Bei Stuhlinkontinenz (Darminkontinenz) kann der Patient nicht willkürlich verhindern, dass Stuhl abgeht. Die Ursachen können Schäden im Gehirn und von Nerven, ein geschwächter oder verletzter Schließmuskel, Krankheiten im Analbereich oder weitere Gründe sein.
Die Stuhlinkontinenz wird eingeteilt in drei Schweregrade:
•Stuhlinkontinenz Grad 1: unwillkürlicher Abgang nur von Darmwinden oder dünnem Stuhl bei Belastung
•Stuhlinkontinenz Grad 2: Abgang dünnen Stuhls auch ohne Belastung
• Stuhlinkontinenz Grad 3: Abgang auch von geformtem, festem Stuhl
Sowohl Stuhlinkontinenz als auch Harninkontinenz können nicht nur den Betroffenen selbst sehr stark stören, sondern auch zu sozialen und psychischen Beeinträchtigungen führen. Die Person vermeidet es unter Umständen, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen. Zudem wird das Thema oft nicht angesprochen, da es unter die gesellschaftlichen Tabus fallen kann.
Inkontinenz kann durch diverse Maßnahmen behandelt werden. Das entscheidet sich nach der Ursache und Art der Inkontinenz sowie der Schwere. In Frage kommen z. B. Beckenboden- und Blasentraining, Medikamente oder Operationen.
Neben der ursächlichen Therapie kommen Hilfsmittel in Frage, die den Urin oder den Stuhl zurückhalten und das Problem der Inkontinenz für andere Menschen nicht wahrnehmbar machen.
Medizinische Hilfsmittel bei Inkontinenz dienen allgemein dazu, den abgehenden Harn oder Stuhl aufzufangen. Eine sehr wichtige Eigenschaft der Inkontinenz-Artikel ist die Unauffälligkeit. Andere Menschen sollten nicht bemerken, dass der Betroffene ein solches Produkt trägt. Der Artikel sollte Gerüche zuverlässig aufnehmen, keine verräterischen Geräusche machen (z. B. nicht rascheln) und von außen nicht zu sehen sein. Für den Träger ist wichtig, dass das Produkt bequem ist und ihn nicht bei Bewegungen stört. Des Weiteren sollte die Haut geschont werden. Das Hilfsmittel muss also auch so den Urin oder Kot aufnehmen, dass er die Haut nicht reizt.
Unterschieden werden unter anderem aufsaugende und ableitende Hilfsmittel. Produkte wie Windeln und Vorlagen dienen dem Aufsaugen von Urin und Stuhl, Katheter und Auffangbeutel dienen dagegen der Ableitung.
• Vorlagen
Vorlagen und Einlagen sind relativ kleine, aber saugstarke Hilfsmittel. Sie liegen vor dem Intimbereich und fangen den Urin auf. Vorlagen oder Slipeinlagen werden mit einem Klebestreifen an der Unterhose befestigt. Es kann aber auch eine Netzhose über der Vorlage angezogen werden, um sie zu stabilisieren. Vorlagen enthalten Substanzen, mit denen der Urin gebunden wird und so bis zu einer gewissen Menge verhindert wird, dass er wieder austreten kann.
• Windeln
Einige inkontinente Menschen benötigen nicht nur eine Vorlage, sondern eine Windel oder Windelhose. Diese bestehen innen aus Zellstoff, der Kot und Urin auffangen kann, und außen aus Kunststoff. Windeln und Windelhosen lassen sich so um den Hygienebereich legen, dass sie wie eine Unterhose getragen werden. Verschließen lassen sie sich z. B. mit Klebestreifen, die normalerweise schon an der Seitenlasche befestigt sind. Neben den meist verwendeten Einwegwindeln kommen manchmal auch Mehrwegwindeln zum Einsatz, die nach dem Tragen gewaschen werden müssen.
• Bettschutz
Ein Bettschutz verhindert, dass Körperausscheidungen in die normale Bettwäsche gelangen. Es handelt sich um Kunststofftücher, die oft auf einer Seite ein saugfähiges Material haben. Zum Schlafen können z. B. auch spezielle Schlafanzüge verwendet werden.
• Inkontinenz-Badebekleidung
Menschen mit Inkontinenz wollen dennoch schwimmen gehen oder Wassergymnastik betreiben. Hierfür eignen sich spezielle Badehosen oder Badeanzüge. Diese haben einen inneren Slip, der den Urin und den Stuhl zuverlässig zurückhalten kann.
• Pessare
Ein Pessar ist eine Vorrichtung aus Kunststoff, die bei der Frau einen Harnabgang verhindern kann. Das geschieht durch eine Verformung der Organe, so dass der unwillkürliche Harnabgang vermindert oder gestoppt wird. Pessare gibt es in unterschiedlichen Modellen, die in den Scheidenvorhof oder die Scheide selbst eingelegt werden.
• Harnröhren-Plugs
Ein Harnröhren-Plug ist eine Art Stopfen, der in die Harnröhrenöffnung gesteckt wird. Das verhindert einen Urinabgang. Zum Wasserlassen wird der Plug herausgenommen.
• Analtampon
Ein Analtampon ist ein Stopfen, der in den After eingeführt wird. Wie ein herkömmlicher Tampon weist er ein Bändchen auf, mit dem er wieder herausgezogen werden kann. Der Analtampon besteht aus Kunststoffschaum und kann den Stuhl für etwa 12 Stunden zurückhalten.
• Tropfenfänger
Der Tropfenfänger dient bei Männern dem Auffangen einer eher geringen Menge Urin. Er lässt sich um den Penis stülpen und besteht innen aus saugfähigen Materialien und außen aus Kunststoff.
• Kondom-Urinal
Ein Kondom-Urinal kann auf den Penis gesetzt werden und leitet abgehenden Harn ab. Meist fließt der Urin über einen Schlauch bis in einen Urin-Auffangbeutel.
• Harnkatheter und Urinbeutel (Auffangbeutel)
Bei einigen Menschen mit Inkontinenz wird ein Katheter in die Harnröhre bis in die Blase gelegt. Es werden Einmalkatheter und Dauerkatheter unterschieden. Der mit dem Katheter aufgefangene Urin fließt bis in einen Auffangbeutel. Der Urinbeutel wird z. B. am Bett festgeklemmt oder lässt sich in manchen Fällen auch unauffällig am Bein befestigen. Der Urinbeutel muss regelmäßig geleert werden.
• Darmspülungs-Gerät (Klistiergerät, Irrigator)
Ein Irrigationsgerät ermöglicht eine Darmspülung. Durch Anwendung der Darmspülung kann Stuhl so entfernt werden, dass unter Umständen sogar für einen ganzen Tag ein unwillkürlicher Stuhlabgang verhindert werden kann.
Letzte Aktualisierung am 16.02.2010.