Bei einer Amniozentese (Fruchtwasserentnahme, Fruchtwasseruntersuchung) wird aus der Gebärmutter der schwangeren Frau Fruchtwasser gewonnen, damit es zur Laboruntersuchung zur Verfügung steht. Dort kann eine Analyse insbesondere auf Erbgutschäden und Fehlbildungen des ungeborenen Kindes erfolgen
Mit der Fruchtwasseruntersuchung kann diagnostiziert werden, ob Erkrankungen oder vor allem auch Erbgutveränderungen oder Fehlbildungen des Kindes vorliegen. Daher wird die Amniozentese besonders dann durchgeführt, wenn ein erhöhtes Risiko für entsprechende Schäden besteht.
Die Fruchtwasseruntersuchung erfolgt häufig bei einem Lebensalter der werdenden Mutter von über 35 Jahren, da ab diesem Alter die Gefahr von einigen Veränderungen der Frucht (Down-Syndrom) ansteigt. Empfehlenswert kann eine Fruchtwasseruntersuchung bei Müttern in jedem Alter sein, wenn bereits Erbkrankheiten oder Stoffwechselstörungen bei anderen Kindern oder Verwandten aufgetreten sind. Die Fruchtwasseruntersuchung ist weiterhin oft sinnvoll, wenn zuvor in anderen Untersuchungen (Ultraschall, Blutprobe) auffällige Veränderungen festgestellt wurden.
Mit der Fruchtwasseruntersuchung kann eine Verdachtsdiagnose auf einige Arten von Veränderungen gestellt werden. Bestimmte Auffälligkeiten im Fruchtwasser können auf Spaltfehlbildungen über der Wirbelsäule (Spina bifida, so genannter offener Rücken), Bauchdeckenfehlbildungen, Stoffwechsel-Syndrome oder andere Erbkrankheiten hindeuten. Mit einer anderen Fragestellung kann beispielsweise festgestellt werden, ob die Lunge des Kindes noch unreif ist oder ob eine Blutgruppenunverträglichkeit zwischen mütterlichem und kindlichem Blut vorliegt. Durch Zelluntersuchungen können Abweichungen des Erbguts nachgewiesen werden, wie die Trisomie 21 (Down-Syndrom), weitere zahlenmäßige Chromosomenveränderungen sowie manche andere genetische Defekte. Mit einer Chromosomenanalyse ist zusätzlich auch ein Vaterschaftstest möglich. Im Übrigen kann das Geschlecht des Kindes herausgefunden werden.
Gewöhnlicherweise findet eine Amniozentese etwa in der 16. bis 18. Schwangerschaftswoche statt. Manchmal erfolgt die Untersuchung bereits ab der 12. Woche (Frühamniozentese). Bisweilen kann sie sich aber auch noch in der Spätschwangerschaft empfehlen.
Bei der Amniozentese wird eine gewisse Menge Fruchtwasser (mindestens 16 Milliliter) aus der Gebärmutter beziehungsweise aus der Fruchtblase entnommen. Die Gewinnung erfolgt über eine Hohlnadel, die unter Ultraschallkontrolle über den Bauch in die Fruchtblase eingeschoben wird. Die Flüssigkeit wird in kurzer Zeit wieder neu gebildet.
Die Fruchtwasserprobe wird dann in ein Labor gegeben. Dort erfolgt eine Analyse der Bestandteile der Flüssigkeit. Manchmal kann bereits mit bloßem Auge eine Veränderung (Verfärbung, Trübung) erkannt werden. Die Werte für verschiedene Substanzen werden durch das Labor bestimmt. Aussagekräftig für mehrere mögliche Veränderungen des kindlichen Organismus ist beispielsweise das Eiweiß AFP (Alpha-Fetoprotein). Da in das Fruchtwasser auch Zellen des Kindes (Hautzellen oder Darmschleimhautzellen) gelangen, können diese ebenfalls untersucht werden. Somit ist dann unter anderem eine Bestimmung der Chromosomen und Gene möglich.
Da sich die Schmerzen bei der Amniozentese in Grenzen halten, wird meist keine Betäubung gegeben. Es können Beruhigungsmittel eingesetzt werden. Nach Desinfektion der Haut wird unter ständiger Ultraschallbeobachtung eine Kanüle über die Bauchwand in die Gebärmutter und in die Fruchtblase eingeführt.
Darüber wird die benötigte Menge an Fruchtwasser abgenommen. Nachdem die Kanüle wieder vorsichtig herausgezogen wurde, erfolgt zur Sicherheit noch eine weitere Ultraschalluntersuchung. Um eine spätere Blutgruppenunverträglichkeit zu verhindern, kann bei Müttern mit negativem Rhesusfaktor als Zusatzmaßnahme ein spezielles Mittel gegeben werden.
Bis das Ergebnis der Laboruntersuchung feststeht und der werdenden Mutter mitgeteilt werden kann, kann es je nach Fragestellung wenige Tage bis mehrere Wochen dauern.
Es kann durch die Amniozentese zu mechanischen Schäden an der Stichstelle kommen. Blutungen sowie selten auch Infektionen und Narben sind möglich. Nicht auszuschließen ist eine Schädigung von Fruchtblase, Nabelschnur oder ungeborenem Kind. Bisweilen kann eine Frühgeburt beziehungsweise Fehlgeburt provoziert werden, dieses Risiko wird mit etwa 0,5 Prozent der Fälle angegeben.
Während der Schwangerschaft können auch andere Untersuchungen erfolgen, um mögliche Auffälligkeiten festzustellen. Zu den absoluten Routinemaßnahmen gehört bekanntlich die Ultraschalluntersuchung, bei der strukturelle Veränderungen ab einer gewissen Größe erkannt werden können. Zur genaueren Analyse können alternativ zur Fruchtwasseruntersuchung eine Blutuntersuchung der Mutter, eine Nabelschnurpunktion zur Entnahme kindlichen Blutes sowie eine Probeentnahme der kindlichen Seite des Mutterkuchens (Chorionzotten-Biopsie) vorgenommen werden.
Letzte Aktualisierung am 03.09.2021.