Von einer vorzeitigen Plazentalösung spricht man, wenn sich ein ursprünglich normal sitzender Mutterkuchen (Plazenta) von der Wand der Gebärmutter ablöst während die Schwangerschaft noch besteht. So kann es sowohl bei der Schwangeren, als auch beim Kind zu schweren Blutungen kommen.
Schwere, lebensbedrohliche Verlaufsformen treten bei etwa 0,4 Prozent aller Schwangerschaften auf, leichte Fälle mit einer Häufigkeit von 0,8 Prozent. Damit ist die vorzeitige Lösung der Plazenta zwar eine relativ seltene Schwangerschaftskomplikation, hat aber die höchste kindliche Mortalität. Ist jedoch in einer vorausgegangenen Schwangerschaft schon einmal eine vorzeitige Plazentalösung aufgetreten, liegt das Risiko bei fünf bis zehn Prozent dass sich der Mutterkuchen erneut zu früh ablöst. Auch ältere Frauen oder solche, die schon mehrere Kinder zur Welt gebracht haben, haben ein erhöhtes Risiko einer vorzeitigen Plazentalösung.
Die Plazenta ist dazu da, den Fetus mit Nährstoffen und Sauerstoff zu versorgen. Sie ist mit dem ungeborenen Kind über die Nabelschnur verbunden, sodass der Blutkreislauf des Kindes mit dem der Mutter über die Plazenta in Verbindung steht.
Löst sich die Plazenta wird diese Verbindung zwischen Mutter und Kind unterbrochen. Es kann zu lebensbedrohlichen Komplikationen kommen, zum einen aufgrund von Blutungen, die durch die Trennung der beiden Kreisläufe sehr stark sein können, zum anderen aufgrund einer Unterversorgung des Kindes, für das nun die Gefahr eines Sauerstoffmangels besteht.
Erleidet die Mutter hohe Blutverluste, kann dies ihren Kreislauf sehr stark belasten und bis hin zum Schock führen, was die Funktion des Mutterkuchens noch mehr einschränkt. Das Kind ist dann in noch stärkerem Maße gefährdet eine Mangelversorgung zu erleiden.
In 60 Prozent der Fälle bleibt die Ursache der vorzeitigen Ablösung der Plazenta ungeklärt. Bei etwa 30 Prozent der Patientinnen kann man eine EPH-Gestose, oder auch Präklampsie genannt, als Ursache ausmachen. Dabei haben die Frauen im Laufe der Schwangerschaft erhöhte Blutdruckwerte, Ödeme, also Wassereinlagerungen in Beinen, Armen und/oder Gesicht, und eine erhöhte Ausscheidung von Eiweiß im Urin.
In den restlichen Fällen vorzeitiger Plazentalösung hat die Patientin im Laufe der Schwangerschaft eine mechanische Reizung der Gebärmutter erfahren. Dies könnte beispielsweise durch eine zu kurze Nabelschnur, Stürze oder Stöße gegen den Unterbauch zustande kommen. Nikotin oder auch der Gebrauch anderer Drogen werden ebenfalls als Ursache für eine vorzeitige Plazentalösung diskutiert.
Auch Versuche, das ungeborene Kind von außen aus der Beckenendlage in eine normale Position zu bringen, können im schlimmsten Falle eine vorzeitige Plazentalösung verursachen.
Die Zeichen einer vorzeitigen Ablösung der Plazenta sind meist starke Unterbauchschmerzen, eine sehr druckempfindliche Gebärmutter und schmerzhafte vaginale Blutungen. Allerdings können verschiedene Schweregrade der Plazentaablösung unterschieden werden:
Untersucht der Gynäkologe die schwangere Patientin, so wird er im Falle einer vorzeitigen Plazentaablösung einen sehr harten, angespannten Uterus (Gebärmutter) ertasten. Die Schwangere hat schon bei leichtem Druck auf den Unterbauch starke Schmerzen.
Es wird ein Wehenschreiber, CTG, befestigt um den Zustand des ungeborenen Kindes zu überwachen und um sicherzustellen, dass es keinen Sauerstoffmangel erleidet. Ein solches CTG (Cardiotokograph) zeichnet an der Bauchwand der Schwangeren die Bewegungen des Kindes sowie dessen Herzfrequenz auf. Gleichzeitig können hier die Anzahl und die Stärke der Mütterlichen Wehen ermittelt werden.
Des Weiteren wird eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt. Hier kann man eventuelle Blutansammlung hinter der Plazenta sehen. Dieses sogenannte retroplazentare Hämatom kann das weitere Fortschreiten der Ablösung zusätzlich begünstigen. In seltenen Fällen kann es auch direkt in die muskuläre Wand der Gebärmutter einbluten, dieser besondere Fall wird dann Couvelaire Uterus genannt und ruft bei der Schwangeren eine schwere Schocksymptomatik hervor.
Eine vaginale Untersuchung der Schwangeren wird nur dann vorgenommen, wenn ein Operationsteam bereitsteht, das im Notfall sofort einen Kaiserschnitt durchführen kann.
Auch bei einer vorgelagerten Plazenta, einer sogenannten Plazenta praevia, können vaginale Blutungen am Ende der Schwangerschaft auftreten. Diese Blutungen sind jedoch im Gegensatz zur vorzeitigen Plazentalösung nicht schmerzhaft. Außerdem ist die Gebärmutter nicht angespannt und bereitet nicht so starke Unterbachschmerzen wir bei der vorzeitigen Plazentalösung.
Eine Einweisung in eine Klinik und eine intensivmedizinische Überwachung ist bei einer vorzeitigen Ablösung der Plazenta unumgänglich. Der Zustand des Kindes, der Mutter sowie die Symptome der Schwangeren bestimmen die weiter folgenden Maßnahmen. Je nach dem Zustand der Mutter werden der Zeitpunkt und die Art der Entbindung festgelegt.
Falls die Lösung der Plazenta ein nur geringes Ausmaß hat und in den Zeitraum zwischen der 24. und 34. Schwangerschaftswoche fällt, kann zunächst abgewartet werden. Der werdenden Mutter wird vorerst ein Wehenhemmer gegeben (Tokolyse). Ist der Zustand von Mutter und Kind dabei stabil, wird versucht, das Kind so lange wir möglich im Mutterleib zu belassen, um die Reifung der Kindlichen Lungen zu fördern. Bei einer Ablösung nach der 34. Schwangerschaftswoche ist Abwarten nicht mehr notwendig. Eine Kaiserschnittentbindung sollte in diesem Fall angestrebt werden.
Auch wenn in der CTG Untersuchung Anzeichen zu sehen sind, dass das Kind einen Sauerstoffmangel erleidet, muss sofort ein Kaiserschnitt vorgenommen werden.
Eine Gefährdung der werdenden Mutter durch den starken Blutverlust in der Gebärmutter ist ebenfalls eine Indikation für eine Kaiserschnitt-Entbindung.
Ist es trotz aller Bemühungen nicht mehr möglich, das ungeborene Kind zu retten, sollte trotzdem eine vaginale Geburt angestrebt werden. Kommt diese nicht auf natürlichem Wege zustande, muss sie möglicherweise durch ein Medikament eingeleitet werden. Um zu beurteilen, wie lange die Geburt noch bevorsteht, wird der Bishop Score herangezogen. Hier werden mit einem Einteilungsschema Punkte für Weite des Muttermundes, Konsistenz, Aussehen und Position der Zervix (Gebärmutterhals) sowie der Reifegrad des Feten vergeben. Die Summe der Punkte gibt dann Aussage darüber, wie weit der Geburtsverlauf vorangeschritten ist und ob der Mutter Medikamente verabreicht werden müssen. In der Regel erhält sie Prostaglandine, das sind Hormone, die die Wehen herbeiführen sollen. Dieses wird entweder als Gel intravaginal verabreicht oder bei schon weiter fortgeschrittenem Verlauf direkt intravenös. Bei Beeinträchtigung der Mutter wird jedoch auch bei totem Baby ein Kaiserschnitt vorgenommen.
Die Diagnose vorzeitige Plazentalösung ist ein sehr ernstzunehmender Befund und kann Lebensgefahr für Mutter und Kind bedeuten. Dabei ist es nicht immer möglich, das Leben des Kindes zu retten, da dessen Sauerstoffversorgung abrupt unterbrochen wird. Der Mutter droht außerdem ein hypovolämischer Schock, also ein Kreislaufschock durch den massiven Blutverlust sowie ein damit zusammenhängendes Nierenversagen. Außerdem können Gerinnungsstörungen auftreten.
Die Prognose hängt entscheidend vom zeitlichen Ablauf und vom Vorgehen in der Klinik ab. Wird die Patientin bei Beschwerden sofort in ein Krankenhaus gebracht, intensivmedizinisch betreut und gegebenenfalls zeitnah eine Kaiserschnitt Entbindung in die Wege geleitet, verbessert sich damit auch die Prognose für Mutter und Kind.
Letzte Aktualisierung am 31.08.2021.